September 28

Im Leben und Zusammenleben mit einem Parkinson-Erkrankten kann es immer wieder zu herausfordernden Situationen kommen. Daher habe ich dir bereits Tipps gegeben, wie du dein eigenes Wohlbefinden steigern und auch deine Gedanken schulen kannst. Hier geht es darum, wie du die Lebensgestaltung und die Interaktion selbst verbessern kannst.

 

Tipps für das Zusammenleben in Kürze:

1. Überlege dir, was den Tagesablauf verbessern würde.
2. Nimm Hilfe in Anspruch.
3. Verschaffe dir Klarheit, was du tun kannst.
4. Führe Gespräche mit dem Betroffenen.
5. Fördere und unterstütze den Betroffenen.

 

Optimiere den Tagesverlauf

Beobachte im Laufe der nächsten Tage, wie dein Tag verläuft. Notiere dir auch, wann und wobei es Probleme gibt. Wichtig ist auch zu schauen, wie du dich im Laufe des Tages fühlst. Wann bist du müde oder erschöpft, gereizt oder genervt. Welche Probleme scheinen schier unüberwindbar? Was belastet dich?

Wenn du eine Liste hast, kannst du sie auf zwei Arten anpacken. Du suchst dir entweder die größten und schwerwiegendsten Baustellen raus oder wählst zwei bis drei Punkte, die du leicht beeinflussen kannst.

Überlege dir, wie dein Tag besser läuft. Wo kannst du Hilfe gebrauchen und in Anspruch nehmen? Wie kannst du die Aufgaben besser verteilen? Wann brauchst du eine Pause? Wie kannst du dir deine eigenen Bedürfnisse erfüllen?

Als Frau hat man oft den Gedanken, alles alleine machen zu müssen. Nur dann ist es gut und unter Kontrolle. Wenn du solche Gedanken hast und diese dich daran hindern, eine neue Lösung zu finden, dann empfehle ich dir, diese zuerst zu verändern.

 

Nimm Hilfe in Anspruch

Hilfe kann verschiedene Gesichter haben. Du kannst kleine Aufgaben delegieren. Du kannst dich beraten lassen. Du kannst gezielt um Unterstützung bitten oder eine Tagespflege einschalten. Alles ist möglich. Deine Gedanken sind das einzige wirkliche Hindernis dabei.

Betrachte erneut deine Liste. Kann dir irgendjemand bei der Lösung behilflich sein? Wenn ja, dann nutze diese Hilfe.

Klar, es kann sein, dass die Person nicht alles so macht, wie du es tun würdest. Es kann sein, dass die Hilfe nicht der ganz große Wurf ist. Aber es ist schon erholsam, wenn jemand die Hand deines Angehörigen hält, während du spazieren gehst und auftankst. Das sind alles kleine Steine, die dafür sorgen, dass das große Ganze stabiler wird.

 

Verschaffe dir Klarheit, was du tun kannst

Möglicherweise ist die Liste an Problemen lang. Vielleicht siehst du an einigen Stellen keinen Ausweg. Oft gibt es aber zahlreiche Möglichkeiten, was man tun könnte.

Setze dich hin und überlege dir mindestens 10 verschiedene Lösungen. Was könntest du tun?

  • Du könntest jemanden anrufen.
  • Du könntest eine Selbsthilfegruppe besuchen.
  • Du könntest dich entspannen.
  • Du könntest einfach mal nichts tun und abwarten, was passiert.
  • Du könntest deine Wünsche aussprechen.
  • Du könntest eine klare Forderung stellen.
  • Du könntest dich beraten lassen.
  • Du könntest …

 

Es gibt viele Möglichkeiten. Wenn du keinen direkten Weg für eine Lösung siehst, tue irgendetwas, das dir hilft dich zu entspannen und leichter zu fühlen. Vielleicht siehst du dann einen ganz anderen Weg.

Wenn ich nach einer Lösung suche, unterhalte ich mich auch gerne mal mit Menschen, die so gar nichts mit dem eigentlichen Thema zu tun haben. Auch Bücher, Zeitschriften oder Fernsehsendungen können zu einer plötzlichen Eingebung führen.

 

Gespräche mit Betroffenen

Viele Probleme lassen sich im Alleingang reduzieren oder verhindern. Allerdings ist dies nicht bei allen Problemen möglich. Wenn es immer wieder zwischen euch beiden zu Konflikten kommt, lässt sich oft nur gemeinsam eine Lösung finden. Natürlich kann es im Vorfeld hilfreich sein, seine eigenen Gedanken zum Thema zu überprüfen. Hier kannst du bereits die ersten Hindernisse aus dem Weg räumen.
Ein zweiter Schritt ist aber, den Angehörigen selbst zum Thema zu befragen. Wie sieht er das Problem? Wie könnte eine Lösung aussehen?
Eine wichtige Frage ist auch: Wessen Problem ist es eigentlich? Wer hat es?

Ärgerst du dich immer wieder über das Verhalten deines Angehörigen?
Hast du Angst, dass durch ein bestimmtes Verhalten oder durch das Fehlen einer Reaktion eine Verschlechterung eintritt?

Worum geht es genau?

Bleibe hier möglichst neutral und offen. Sieh und hör dir wirklich die Meinung an.

Ja, es kann sein, dass ein Parkinson-Erkrankter das Problem komplett nicht erkennt. Ständig verschluckt er sich, aber er nimmt es nicht wahr. Immer wieder stolpert er, aber er hebt die Füße nicht an. Du hast einfach Angst, dass wirklich etwas passiert. Das ist verständlich. Aber wenn du jetzt auf deiner Version beharrst, kommt ihr nicht weiter. Also schau hin, damit du einen möglichen Lösungsweg erkennst.

Beispiel: Er nimmt es nicht wahr.

Du hast ihm tausend Mal erklärt, dass er die Füße heben soll. Er sieht es nicht. Er spürt es nicht. Du hast Angst.

Klar kannst du tun, was du die ganze Zeit schon tust. Du kannst mit ihm schimpfen. Du kannst es ihm immer wieder erklären. Du kannst ihn belehren. Doch was wird er dann tun? Er wird zurück schimpfen. Er wird sich stur stellen. Es wird sich nichts ändern, denn er sieht es nicht und er spürt es nicht. Vielleicht ist er sogar gekränkt oder fühlt sich mies, weil er mit den Folgen der Erkrankung nicht umgehen kann.

Hier kannst du nur zurückgehen und dir Lösungen suchen, wie er es sieht und spürt.

Du kannst es auf Video aufnehmen. Vielleicht erkennt er es dann.
Du kannst einen Spezialisten einschalten, vielleicht klappt es mit dieser Hilfe.
Aber auch eine einfache Ich-Botschaft kann helfen: „Ich habe Angst, dass du fällst. Ich weiß nicht, was ich dann tun soll. Wie soll ich dich vom Boden hochbekommen?“

Wenn du dir eine Liste machst, siehst du vielleicht noch viele andere Möglichkeiten. Mit Respekt und Achtung vor deinem Angehörigen ist es leichter eine Änderung zu bewirken.

 

Fördere und unterstütze den Betroffenen

Es ist wichtig, für einen Hilfsbedürftigen da zu sein. Aber es ist noch wichtiger, die Selbstständigkeit so lange wie möglich zu erhalten. Alle Fähigkeiten müssen weiterhin geübt werden, sonst gehen sie dauerhaft verloren.
Ja, alles kann und wird länger dauern, wenn ein Parkinson-Erkrankter alles selbst versucht. Es sieht nach Qual aus. Es passieren mehr Unfälle. Und es fühlt sich vielleicht auch nach „im Stich lassen“ an. Aber was ist die Alternative?

Wenn der Betroffene nichts oder nur noch wenig selbst macht, dann wird er seine Fähigkeiten immer mehr verlieren. Er wird abbauen. Er wird immer weniger schaffen. Er wird noch abhängiger und hilfsbedürftiger werden. Das wird dich immer mehr einengen. Du kannst dann kaum noch aus dem Haus gehen, weil ja ständig deine Hilfe gefragt sein kann. Eigene Lösungen können dann kaum noch gefunden werden.

Es ist leichter frühzeitig die Ressourcen zu schulen und zu erhalten, als wenn viele schon verloren sind. Dann ist ein Training mühselig.
Wenn du es nicht mitansehen kannst, dann verlasse das Zimmer.

Biete immer nur so viel Hilfe wie nötig an.

Lösungsvorschläge können genauso helfen, wie es von Anfang an alleine zu tun.

Setzt gemeinsame Ziele.

Sprecht darüber, wie es sich anfühlt und wo Hilfe wirklich erwünscht und benötigt wird. Vielleicht braucht dein Angehöriger nur zu bestimmten Zeiten Hilfe. Vielleicht braucht er länger oder zwischendurch eine Pause. Druck schadet nur.

Wenn Missgeschicke passieren, bist nicht zwangsläufig du die Verantwortliche. Auch Aufräumen gehört zum Selbstständig Bleiben dazu. Also erstmal tief durchatmen.

Bleibe fit trotz Parkinson