September 29

Darfst du mit Parkinson trainieren und wie kann so ein Training aussehen?

Das ist eine gute Frage.

Parkinson ist eine Erkrankung des zentralen Nervensystems, die sich in körperlichen Symptomen wie Zittern, Steifheit, Gleichgewichtsschwierigkeiten, Unbeweglichkeit und Schmerzen äußern kann. Da darüber hinaus auch eine Müdigkeit vorliegen kann, ist ein intensives Training nicht gerade eine verlockende Einladung.

Aber ist ein Training mit Parkinson überhaupt möglich oder solltest du dich lieber auf einzelne Übungen beschränken, die dein Physiotherapeut, Ergotherapeut oder Logopäde dir gezeigt hat?

Oder ist es sogar besser, dass du dich möglichst schonst und dein Dopamin für die wirklich wichtigen Dinge im Leben aufsparst?

 

Grundsätzlich ist körperliche Aktivität wichtig für den menschlichen Körper.

 

Die WHO empfiehlt für Erwachsene (18-64 Jahre):

  • 150 min Bewegung/Woche mit mässiger Intensität
  • oder 75 Minuten Bewegung/Woche mit hoher Intensität
  • oder eine äquivalente Kombination

Zusätzlich sind muskelaufbauende Aktivitäten für die wichtigsten Muskelgruppen an mehr als 2 Tagen/Woche sinnvoll.

 

 

Zur Steigerung des gesundheitlichen Nutzens wird noch mehr Bewegung empfohlen:

  • 300 min/Woche mit mässiger Intensität
  • oder 150 Minuten/Woche mit hoher Intensität
  • oder eine äquivalente Kombination

Senioren sollten sich ebenso viel bewegen wie Erwachsene, aber zusätzlich bei schlechter Mobilität:

  • Übungen zur Verbesserung des Gleichgewichts und zur Prävention von Stürzen an mehr als 3 Tagen/Woche

 

Gilt das auch für an Parkinson Erkrankte? Oder solltest du dich doch besser schonen?

In der Tat ist es so, dass viele Betroffene die Aktivitäten aus diversen Gründen deutlich runterfahren.

 

Erkrankte bewegen sich etwa ein Drittel weniger als Gleichaltrige.

 

Leider hat das nicht zur Folge, dass sich die Betroffenen länger bewegen können und damit die Kräfte länger aufsparen. Das Gegenteil ist der Fall. Nicht nur durch das fortschreitende Alter nehmen die Fähigkeiten wie Ausdauer, Kraft und Beweglichkeit ab, sondern auch durch die zusätzliche Inaktivität. Gelenkbeschwerden und ein Abbau der Muskelmasse und Knochendichte folgen.

 

Fähigkeiten, die bei Parkinson nicht regelmäßig ausgeübt werden, leiden darunter. Dadurch können dir alltägliche Tätigkeiten schwerer fallen. Du kannst dagegen angehen, indem du aktiv zu bist und zu bleibst.

 

 

Doch wie kann dein Training aussehen?

Erstmal solltest du abwägen, ob du alleine trainieren kannst. Hier gibt es nämlich einschränkende Faktoren.

 

Du solltest zu deiner Sicherheit nicht alleine trainieren, wenn du:

  1. schwere mentale Beeinträchtigungen hast wie:
    -Illusionen (Fehlinterpretationen tatsächlicher Reize), -Halluzinationen (spontane falsche Sensationen),  -Impulskontrollbeeinträchtigungen (wie Einnahme zusätzlicher, nicht verschriebener Medikamente, Obsession mit Essen, Glücksspielen oder übermäßigem Sexualtrieb)
  2. Unter komplexen motorischen Komplikationen leidest, wie: unvorhersehbare On-Off-Zustände schwere Dyskinesien und Dystonie im Off-Zustand (schmerzhafte Krämpfe oder Spasmen)
  3. Schmerzen in der Brust, Herzrhythmusbeeinträchtigungen oder unregelmäßige Veränderungen des Blutdrucks während des Trainings hast
  4. Schlecht kontrollierter Diabetes Typ 2 bist
  5. Eine akute systemische Erkrankungen hast
  6. Vor weniger als 3 Monate eine Lungenembolie hattest
  7. Eine Schwere kardiovaskuläre Beeinträchtigung hast wie: – Myokardinfarkt, – schwere Herzischämie während des Trainings, – Thrombophlebitis, – schwere Anämie, – akute Perikarditis oder Myokarditis, – gegenwärtiges Fieber mit Herzproblemen oder schlechte Verträglichkeit gegenüber den verschriebenen kardiovaskulären Medikamenten

 

Suche in diesen Fällen lieber einen Arzt auf und bitte ihn um Rat.

 

Das Training nur mit Bedacht auswählen und/oder dich gut instruieren lassen, solltest du bei:

  • atypischer Parkinsonismus
  • mentalen Beeinträchtigungen
  • früherer Inaktivität
  • schwerer allgemeiner Erschöpfung
  • Angst vor Anstrengung, vor Stürzen oder Bewegung
  • visuellen Beeinträchtigungen
  • Schmerzen und Erschöpfung
  • Psychiatrischen Beeinträchtigungen oder schweren Depressionen
  • Diabetes Mellitus, bei Wunden, sensorischen Defekten, Retinopathie
  • Lungenproblemen
  • Problemen mit dem Blutdruck
  • Therapie mit Betablockern (wegen der verringerten maximal zu erreichenden Sauerstoffaufnahme)
  • Osteoarthritis

 

Warum solltest du trainieren?

Das Training unterstützt dich dabei, besser mit der Parkinson Erkrankung umzugehen. Du kannst lernen, wie du dich optimal bewegen und wie du dein Verhalten anpassen kannst.
Mit dem Training kannst du deine Fitness, deine grundsätzlichen sowie speziellen Fähigkeiten und die Belastbarkeit verbessern. Zudem hilft dir ein Training bei der Prävention weiterer Komplikationen.
Übungen können das Auftreten von Aktivitätsbeeinträchtigungen verzögern.
Außerdem kannst du Kompensationsstrategien zur Verringerung von Funktionsbeeinträchtigungen einstudieren.

 

Was ist denn jetzt der Unterschied zwischen Aktivität, einer Übung, einer Bewegungsstrategie und dem Training?

Aktivität bedeutet im Grunde überhaupt eine Tätigkeit wie eine Bewegung auszuüben. Das kann Spazieren gehen, walken, Tennis spielen oder Gartenarbeit sein.
Eine Übung bezeichnet ebenfalls eine Bewegung, aber diese ist mit einem Ziel verbunden. Mit der Übung möchte ich etwas erreichen. Ich möchte schneller laufen können, größere Schritte machen oder eine weitere Strecke gehen können. Eine Übung ist eine kleine Einheit.
Eine Bewegungsstrategie hilft dir, eine Bewegung auszuführen. Du möchtest große Schritte machen, also nutzt du z. B. die Fugen deiner Fliesen, um bewusst drüber zu steigen.
Ein körperliches Training beinhaltet eine Aktivität, die zielorientiert, geplant und wiederholt ausgeführt wird. Das Training soll die Leistungsfähigkeit, die Mobilität, das Gleichgewicht, das Gehen oder einzelne andere Fähigkeiten verbessern.

 

Das heißt, beim Training geht es nicht darum, überhaupt irgendetwas zu machen, sondern das Training ist im Vorfeld gut durchdacht und geplant worden. Es ist nicht einmalig, sondern ein regelmäßiger Bestandteil deines Lebens.

 

Doch wie fängst du jetzt am Besten an?

Grundsätzlich ist für deinen Körper ein hohes Maß an Aktivität wichtig. 150 – 300 Minuten Aktivität pro Woche solltest du einplanen. Das bedeutet weniger als 45 Minuten pro Tag.

Gut ist, wenn du:

  • täglich deine Geh- oder Fahrradstrecke absolvierst
  • Treppen steigst
  • dich im Alltag nach der aktiveren Fortbewegungsart umschaust
  • einen Sport machst, der dir Freude bereitet

 

Welche Sportarten sind geeignet?

  • Yoga
  • Qi Gong
  • Tai Chi
  • Tango oder Tanzen überhaupt
  • Nordic Walking
  • Schwimmen
  • Joggen (falls aus medizinischer Sicht nichts dagegen spricht)
  • Pilates
  • Gymnastik
  • Krafttraining
  • Wandern
  • Radfahren

 

Aber auch:

  • Bogen schießen
  • Golf

 

Wie baust du dir deinen Trainingsplan nun auf?

Neben deinen regelmäßigen Aktivitäten macht es Sinn, wenn du deine Übung (oder Übungen) hast, die dich morgens in Bewegung bringt, deine Steifheit und – falls vorhanden – Schmerzen reduziert.
Grundsätzlich ist gezielter Muskelaufbau förderlich, sowie Übungen, die dir helfen, deine persönlichen Ziele zu erreichen. Wie oben schon beschrieben, nimmt das Gleichgewichtstraining auch einen besonderen Platz ein.

 

Wie intensiv darf dein Training überhaupt sein?

Das liegt ein wenig an dir, deiner Belastbarkeit, deinen Symptomen, aber auch an deinen Zielen.

Wenn du merkst, dass dein Training keine Erfolge zeigt, dann solltest du dir auch die Frage stellen, ob du vielleicht zu intensiv oder nicht intensiv genug trainierst.
Auf der einen Seite hilft es nicht, wenn du deinen Körper massiv überbelastest, aber auf der anderen Seite braucht dein Körper einen ausreichend großen Trainingsreiz.
Nach jeder Übung kannst du dir die Frage stellen, wie du die Belastung empfindest.

 

War die Übung:

  • sehr, sehr leicht,
  • sehr schwer,
  • oder irgendwo dazwischen?

 

Empfindest du das Krafttraining als anstrengend, dann ist das okay. Findest du es sehr schwer, dann hast du es vermutlich übertrieben.
Dein Ausdauertraining darf leicht bis etwas anstrengend sein, ebenso wie das Gleichgewichtstraining.

 

Zusammenfassend gesagt, kannst du für dein Training folgende Fragen überdenken:

  1. Welche Aktivitäten machen dir Spaß und bringen dich regelmäßig in Bewegung?
  2. Welche lockernden Übungen helfen dir morgens, gut in den Tag zu starten?
  3. Welche Übungen unterstützen deinen Muskelaufbau, damit du lange aufrecht und belastbar bleibst?
  4. Welche Übungen schulen die Fähigkeiten, die du verbessern möchtest?
  5. Mit welchen Übungen kannst du dein Gleichgewicht trainieren und dich vor Stürzen schützen?

 

Plane diese Übungen fest in dein Leben ein und gestalte damit dein persönliches Training. Sei aber realistisch!

 

Wenn du heute kaum aus dem Stuhl aufstehen kannst, dann setze dir hier ein Ziel, das du auch erreichen kannst. Fang lieber mit zwei bis drei Übungen an, die du konsequent ausführst, statt dir einen ausgeklügelten Plan machst, den du nur zwei Tage durchhältst.

 

Training bedeutet Planung und auch ein Regelmaß.

 

Viel Erfolg

Silke